Herzwerker sein, Herzwerker werden
Berufsberatung der besonderen Art an der Kastulus-Realschule
Herzwerker: Das klingt sympathisch und macht neugierig. Mit der Aktion Herzwerker soll an Schulen für soziale Berufe geworben werden. Dazu kommen nicht nur Leute aus der Praxis an die Schulen, sondern die Schüler selbst erarbeiten die zu vermittelnden Inhalte durch Befragen und kleine Theaterstücke. Initiator Jean-Francois Drozak steht der jeweiligen Schule dazu eine Woche zur Seite, leitet an und führt durch die Abschlussveranstaltung. Die Kastulus-Realschule nahm nun dieses Angebot des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales wahr.
Sie lockte dazu sogar den stellvertretenden Landrat Robert Scholz und Bürgermeisterin Anita Mainelt in die Schule. Ob die Berufsberatung der anderen Art etwas gebracht hat, wird erst die Zukunft zeigen. Spaß hatten jedenfalls alle Beteiligten. Die Schüler der 7. und 8. Klassen nahmen das Angebot aber auch ernst. Das konnte man hören - an der aufmerksamen Stille im Raum, als sie das Ergebnis in Form einer "szenischen Talkshow" präsentiert bekamen.
Dabei stellten vier echte Herzwerker sich selbst und ihre Tätigkeit vor. Fünf Schülerinnen und ein Schüler spielten zwischendurch spezielle Erlebnisse aus deren Arbeitsleben nach. Herzwerker sind Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten, so wie Yann Schmidl. Er ist Sozialpädagoge und arbeitet im Jugendhaus Moosburg, dem JUZ. Braucht es dort tatsächlich einen ausgebildeten Sozialpädagogen? Ja, denn es geht nicht nur um Freizeitangebote für die jungen Leute, sondern auch darum, Antworten und Lösungen auf deren Fragen und Probleme anzubieten.
Schmidt liebt die Vielseitigkeit seiner Tätigkeit. Jeder Mensch und jede Situation seien anders. Susanna Raab arbeitet für das Josefsheim Wartenberg, wo in einer Wohngruppe 13 Kinder und Jugendliche betreut werden, die nicht, mehr zu Hause wohnen können, Das klassische Waisenkind ist hier eher selten. Oft können sich die Eltern wegen Drogenabhängigkeit oder psychischer Probleme nicht kümmern. Die Kinder selbst können Auffälligkeiten zeigen. Bei solchen Schicksalen braucht es gut ausgebildete Erzieherinnen, und die Ausbildung dauert immerhin fünf Jahre.
Mitbringen sollte man zudem Selbstsicherheit und Organisationstalent. Dafür ist ein Erzieher auch ganz nah dran am Leben der jungen Menschen und kann ihnen ein Stück Kindheit schenken. Als Leiter der Förderstätte Moosburg der Lebenshilfe ist auch Rafael Wachs ein echter Herzwerker, der seine Arbeit liebt. Für ihn lohnt es sich, selbst bei schwersten Einschränkungen der Betreuten dranzubleiben. Eine Spielszene zeigte, wie eine lethargische Frau sich durch die Begegnung, mit einem Hund öffnete.
Diese Frau gibt es wirklich, und sie ist mittlerweile überraschend aktiv. Solche besonderen Ereignisse machen die Heilerziehungspflege attraktiv. Gleichzeitig vermitteln diese Fachkräfte auch die Einzigartigkeit und den Lebenswert jedes Menschen. Johanna Goß arbeitet für die evangelischen Kindergärten in Moosburg und leitet den Kindergarten "Weltentdecker". Der ausgebildeten Erzieherin ist. es wichtig, dass ihre Einrichtung keine Aufbewahrungsanstalt ist.
Vielmehr wird hier Bildung vermittelt - wichtig gerade im Aller bis fünf Jahre, wenn Kinder genauso viel lernen wie danach im Rest ihres Lebens. Doch jedes Kind ist anders. Um ihm gerecht zu werden, braucht es Feingefühl, auch um den Kleinen Zutrauen zu den eigenen Fähigkeiten zu vermitteln. Deshalb wird auf sie geachtet, ohne jedoch zu überbehüten. Deutlich wurde insgesamt, wie abwechslungsreich die sozialen Berufe sind. Keiner der Experten sprach davon, dass die Tätigkeit sie fordere oder gar überfordere. Vielmehr war immer Liebe zum Beruf und den ihnen jeweils Anvertrauten spürbar. Dass sie sich zudem Zeit für die Veranstaltung nahmen, dazu befragt wurden und drei Auftritte für Eltern und vor allem die Schüler leisten mussten, wurde vor allem vom Schulleiter mit großem Dank quittiert. Schulleiter Wolfgang Korn bedankte sich aber auch bei allen Beteiligten, insbesondere den Schülern und natürlich Jean-Francois Drozak. Dieser betrachtet dieses Veranstaltungsformat als "die beste Form der Berufsberatung". Moosburg war nun die 52. Kommune, die das Herzwerker-Projekt durchführte, ein Projekt, das immerhin ein Jahr Planung erfordert. Gesetzt wird dabei auf die Menschen vor Ort. Sie sollen zeigen, wie sich ihr Beruf wirklich darstellt. "Authentizität ist wichtig", sagt Drozak. Mit den Erfahrungen der Experten kommt an jedem Ort etwas Einmaliges heraus. Bleibt zu hoffen, dass die durchweg lebendige Veranstaltung bei den Schülern Lust darauf machte, einen der wichtigen sozialen Berufe einmal tatsächlich zu ergreifen.

Moosburger Zeitung vom 10. März 2020